B7 Baltic Islands Network
Video- und Fotoausstellung 3. August bis 4. Oktober 2020
Altes Kühlhaus Hafen Sassnitz, täglich 13.00 – 18.00 Uhr
Eröffnung am 3. August 2020, 18.00 Uhr
BAG NET – Des Fischers Handwerk wird auf Eis gelegt – befasst sich mit mythologischen, historischen und gegenwärtigen Aspekten der Ostseefischerei. Die Künstler von den Inseln Åland, Bornholm, Gotland, Hiiumaa, Öland und Rügen untersuchten den kulturellen Wert der Fischerei, der – durch Fischereipolitik und touristischer Vermarktung – zu einer folkloristischen Attraktion auf den Ostseeinseln gesunken ist. Neben Fotografien und Filmaufnahmen aus vergangenen Jahrzehnten, zeigen die Künstler ihre Momentaufnahmen der heutigen Fischerei zwischen Traum und Wirklichkeit. Eine Hommage an den Fischer.
Die Ägypter wussten von Geisternetzen, die die Seelen aus dem Kreislauf der Wiedergeburt fischen. Die Griechische Mythologie berichtet vom Fischer Diktys, der durch seine Hilfsbereitschaft Perseus dazu verhalf, das Haupt der Gorgo Medusa dem König Polydektes zu bringen. Glaukos – ein Fischer – wurde durch den Verzehr eines Krautes unsterblich und erlang als Seegottheit die Gabe der Weisheit. Im Christentum wurde der Fischer zum Sinnbild eines Menschenfängers, der zum christlichen Glauben bekehrt.
Die Chronica Slavorum, die wichtigste Schriftquelle des 12. Jahrhunderts, berichtet von den riesigen Heringsschwärmen vor dem Kap Arkona und dem Beginn des nordeuropäischen Fischhandels. So bringen sich die Fischer mit dem Heringsfang in den Warenverkehr der Hansestädte ein. Fischersiedlungen auf Rügen entstehen und bilden über die Jahrhunderte differenzierte Arbeitsstrukturen in den Fischerkommünen.
Anfang des 19. Jahrhunderts entdeckten die Romantiker das schlichte Fischerleben in rauer Landschaft als Naturmysterium und formten die Einfachheit des robusten Daseins zu einer wilden Quelle ihrer Inspiration. Rügen hielt mit seinen Buchenwäldern, den bizarren Klippen und den Vorhängen aus Nebel und schäumender Gischt die geeignete Bühne für die romantische Inszenierung bereit. Niemand ahnte, dass bald darauf die Fischer der Insel zu Bühnenbildnern wurden. Sie rissen das Ried von den Dächern, spießten mehrstöckig Schwankendes darauf und gaben dem Ganzen Halt durch Verzierung. Nun standen die alten Katen – weiß und hoch gestreckt – am Meer und luden den Fremden in ihre Fremdheit ein. Die Fischer zogen mit ihren Netzen nunmehr auch den Urlauber auf ihre Insel.
Was bleibt von den Fischern, nachdem uns die Industrialisierung die Überfischung der Meere, den Klimawandel und eine komplizierte, internationale Fischereipolitik hinterließ? Erleben dieser Tage die Ostseefischer ihr Todesurteil? Welche Fracht wird in Zukunft in den Häfen der Ostseeküste umgeschlagen? Werden sich alte Erinnerungen in ein Geisternetz verfangen?
Vielleicht bleibt uns das Märchen „Vom Fischer und seiner Frau“ erhalten, der einst mit seiner Manneskraft der täglichen Urgewalt des Meeres aushielt und dem Butt das Leben ließ. Wünsche gingen in Erfüllung. Doch das Meer holt sich unaufhaltsam das Unerfüllte auf den Grund zurück.
Wir danken der Stadt Sassnitz und der Hafenbetriebs- und Entwicklungsgesellschaft mbH für ihre Mithilfe bei der Umsetzung des Projektes in den leerstehenden Produktionshallen des Alten Kühlhauses im Hafen Sassnitz. Die Hallen der einstigen Eisfabrik vermittelt den Besuchern der Ausstellung Einblicke in vergangene Produktionszusammenhänge. Das Alte Kühlhaus gehört zu den Gebäuden, die noch den maritimen Charme des Hafens verkörpern.
Marlen Melzow, Kuratorin
Inseln / Künstler*innen
Åland / Finnland // Minna Öberg und Edward Johansson
Bornholm / Dänemark // Johnny Carlsen
Gotland / Schweden // Berit Ångman Svedjemo
Hiiumaa / Estland // Kaja Hiis Rinne, Kalli und Valev Sein
Öland / Schweden // Helle Kvamme und Tomasz Madajczak
Rügen / Deutschland // Antje Bartel, Karsten Bartel, Ellen Kock, Marlen Melzow, Cornelius Ochs, Møne Spillner, Olaf Spillner, Christian Thiele, Christian Werdin, Ron Winkler, Eckhardt Witting
Veranstalter*innen
B7 Baltic Islands Network
Stadt Sassnitz
Networking
Die Ausstellung konnte realisiert werden durch: die Künstler*Innen der B7 Gemeinschaft / Landkreis Vorpommern Rügen, Stabsstelle Wirtschaftsförderung und Regionalentwicklung / Wirtschaftsförderung und Tourismus Stadt Sassnitz / Hafenbetriebs- und Entwicklungsgesellschaft mbH Sassnitz / Sassnitzer Fischerei- und Hafenmuseum e.V. / Tourist Service Sassnitz / Tourismusverband Rügen e.V. / den Veranstaltungstechnikern von BTL Berlin und Blacktap-Audio Bergen / Rügendruck GmbH Putbus / exile on mainstream