Logbuch | Künstler*innen Baltischer Inseln sammeln Ideen für ein Graphic Novel über das Fischen

Antje Bartel, Rügen / Deutschland
Notizen zum Fisch: Onkel P.
Sturmnächte, als könnten die Fenster bersten. Hinten der Leuchtturm und lauter kleine Lichter. Ängstliche Nächte: sind Fischer draußen? Geschichten vom Fischen sollte man sich von Fischern erzählen lassen, so wie von Fischer G.; um ihn herum immer der Geruch von Fisch, Tabak, Teer, Alkohol. Er ist schon lange nicht mehr.
Aufgewachsen in den 60er, 70er Jahren im Spannungsfeld zwischen dem kleinen Fischerdorf mit noch lebendiger Kleiner Küstenfischerei einerseits und der wenige Kilometer entfernt wachsenden Fischerei-Industrie andererseits lag es nahe, erst einmal den eigenen Zugang zur Fischerei auszuloten. „Notizen zum Fisch“: Skizzen, Illustrationen und Texte zeigen aneinandergereihte Sequenzen aus eigenem Erinnern sowie aus Gesprächen mit dem Onkel über dessen Sassnitzer Lehr- und Fahrenszeit.
Über allem: Zeichnerische Studien eines Dorsches. Die Verkäuferin in der Sassnitzer Fischhandlung hat leider keinen Fisch mehr mit Kopf. Also eben Dorsch geköppt. Fisch zeichnen heißt Kadaver zeichnen. Hier liegt nun einer auf dem Schreibtisch, anklagend ohne Augen. In Gedanken die Menschen, denen tausende davon durch die Hände glitten, auf den Fangreisen, an den Förderbändern, in den Großküchen. Leise die Nachfrage der Verkäuferin, ob ich den Fisch denn trotz des Zeichnens zubereiten würde. Aber ja.

Antje Bartel, Rügen / Germany
Notes about Fish: Uncle P.
Antje Bartel opens her family logbook. She sails over the sea of memories of her Rügen ancestors and sits at Uncle P’s table. Do fishermen like to eat fish?

Berit Ångman Svedjemo, Gotland / Schweden
Finds
Berit Ångman Svedjemo ließ sich anregen von alten Fischereiwerkzeugen, die seit mehr als tausend Jahren im Gebrauch sind. Sie reflektiert über die Menschen der Insel Gotland, die einst vom Fischfang lebten.

Berit Ångman Svedjemo, Gotland /Sweden
Finds
Berit Ångman Svedjemo has drawn old fishery tools from her island. They rise out of the sea or sink into the endlessness of her white cartridge paper.

Cornelius Ochs, Rügen / Deutschland
Svetophaetovit
„Von Knoten zu Knoten weben wir aus Träumen ein Netz. Aus Sehnsucht und aus gierigen Visionen.
Wir steigen und wir fallen, unsere Entdeckungsreisen wie ein Fahrtwind durch die Zeit. Vierdimensionale Vektoren. Viergespann am Sonnenwagen, vier Gesichter. Und in Wellen strömt und spiegelt sich unser naives, inspirierendes, schreckliches, kreierendes Schicksal auf Wanderschaft.“
Svetophaetovit reflektiert die Geschichte von Svetovit (auch: Svantovit), der viergesichtigen slawischen Gottheit, und Phaeton, dem tragischen Himmelstürmer aus der griechischen Mythologie, in fünf miteinander verbundenen Illustrationen. Der slawische Gott Svetovit begegnet dem flüchtigen Phaeton auf Rügen im Licht der weißen Kreide. Der Sonnenwagen stürzt ins Meer und glüht wie eine verlorene Idee in der Tiefe. Es ist ein Meditation zu Identität und Schicksal, die in rohen, schwarz getuschten und gekratzten Illustrationen beide Figuren zu einer einzigen vereinen.

Cornelius Ochs, Rügen / Germany
Svetophaetovit
Conny Ochs describes the encounter with the four-faced god Svetovit and the celestial charioteer Phaethon in the light of the white chalk. Knot by knot, the gods weave a net for our dreams. But we lose everything we catch, if we haul the booty in.

Johnny Carlsen, Bornholm / Dänemark
Der Junge und das Meer
Inspiriert ist die Geschichte von der Erzählung „Der alte Mann und das Meer“ von Ernest Hemingway. Der junge Immanuel hört oft den Geschichten der Fischer zu und träumt, selbst mal ein Fischer zu werden. Doch die Zeiten sind vorbei in denen man noch gutes Geld mit der Fischerei verdienen konnte. Immanuel gibt nicht auf und lernt alles über das Fischen vom alten Jakob. Eines Tages fährt er alleine mit dem Boot aufs Meer und gerät in einen Sturm. Als der Sturm sich legt, ist sein Netz voller Unrat. Enttäuscht kommt er an Land und wird vom alten Jakob erwartet. Die Erinnerungen des einen werden zu Träumen des anderen.

Johnny Carlsen, Bornholm / Denmark
The Boy and the Sea
Using themes from Ernest Hemingway’s The Old Man and the Sea, Johnny Carlsen devises the story of a boy who wants to become a fisherman.

Marlen Melzow, Rügen / Deutschland
Herbstgarn: Das magische Netz
Einst hieß es, eine Frau im Riedgras am Zickerniss könne Netze besprechen und es lag in ihrem Geschick, ob sich darin Fische, Silber, Planken, Meerjungfrauen, Ungeheuer oder die Fischer gar selbst verfingen. Ein armer Fischer aus Sassnitz hätte von ihr ein Magisches Netz erhalten, seitdem alle Nachfahren des Fischers im Wohlstand lebten.
Die Ostsee war überfischt und die EU-Kommissare veranlassten ein Fangverbot für Dorsch, Hering und Plattfisch. Nun japsten die Fischer, wie einst ihre Beute an Land, nach Arbeit und Lohn.
Flint, ein junger Fischer, muss nun den Kutter – ein Erbstück der Familie – abwracken. Unter Deck findet er ein altes Fass und als er dieses öffnet, verwandelt der Duft von Katechu den Kutter in ein Heiligtum. Flint zieht aus dem Fass ein feines Netz und beschließt, die brüchigen Stellen neu zu knüpfen. Knoten für Knoten schließt er das Netz aus Zeit.
Die märchenhafte Erzählung entwickelt Beschreibungen und Zeichnungen von historischen und modernen Netztechniken der Ostseefischerei. Die Leser unternehmen in diesem Graphic Novel eine Zeitreise in die alte Kultur des Fischfangs auf Rügen.

Marlen Melzow, Rügen / Deutschland
The Magic Net
Marlen Melzow invents the fairy tale of Fisherman Flint, who has a net made by an old woman for the big catch – but he fishes a drone out of the sea and uncovers a scandal.

Minna Öberg, Åland / Finnland
Cod
Minna Öberg entwickelt eine Bilderserie über den Dorsch. Sie erkundet in ihren grafischen Bildern die historische Bedeutung des Fisches für die Åland-Inseln. Aquakultur, Fangquoten, Klimafaktoren bilden die Grundlage für ihre schematischen Darstellungen. Der Dorsch in einem Meer menschlicher Richtlinien.

Minna Öberg, Åland / Finland
Cod
Minna Öberg connects old beliefs and scientific findings about cod and the ups and downs of fishery on the Åland Islands.

Frank Otto Sperlich, Rügen / Deutschland
Schiffer, Lotsen, Hosenbojen
nach Die letzte Fahrt von Fritz Worm
Es ist eine Geschichte aus dem vorigen Jahrhundert, die Zeit der Lastensegler, die Zeit als die Seefahrt noch ein gefährliches Unterfangen war. Über Rettungs- und
Warnmethoden möchte das Graphic Novel ebenso berichten, wie über die alte plattdeutsche Sprache.

Frank Otto Sperlich, Rügen / Germany
Mariners, Pilots, Breeches Buoys
Based on motifs from Fritz Worm’s short story Die letzte Fahrt (The Last Journey), Frank Otto Sperlich tells the tragic tale of a young captain who sinks with his ship in a storm. The sea also swallows his promise to marry his sweetheart upon his return.